Gefährlicher Kick: Energydrinks und die Auswirkungen aufs Herz

Veröffentlicht am: 15.04.2025

Wach, fit und leistungsstark – genau das versprechen Energydrinks und erfreuen sich damit immer größerer Beliebtheit. Die wenigsten ihrer Konsument:innen machen sich Gedanken über mögliche Gesundheitsrisiken. Dabei mehren sich Studien, die negative Auswirkungen der Muntermacher auf das Herz-Kreislauf-System belegen. Was macht diese Drinks so ungesund und gibt es vielleicht eine bestimmte Menge, die noch verträglich ist?


Das Wichtigste in Kürze

  • Energydrinks enthalten hohe Mengen an Koffein, Zucker und anderen Inhaltsstoffen, die sich auf den Blutdruck und die Herzfrequenz auswirken können.
  • Studien zeigen, dass exzessiver Konsum von Energydrinks Herzrhythmusstörungen wie Vorhofflimmern verursachen kann.
  • Besonders gefährdet sind Kinder und Jugendliche, denn bei ihnen können die negativen Auswirkungen stärker ausgeprägt sein.
  • Für gesunde Erwachsene wird der Konsum von maximal einer Dose pro Tag als unproblematisch angesehen, allerdings sollten bestimmte Risikogruppen Energydrinks komplett meiden.

Was steckt drin?

Laut den Verbraucherzentralen steckt in den meisten Energydrinks neben großen Mengen an Zucker und Zuckeraustauschstoffen auch jede Menge Koffein: Teilweise erreichen sie die in Deutschland gesetzlich zugelassene Höchstmenge von 320 mg Koffein pro Liter.1 Hinzu können weitere Inhaltsstoffe kommen, wie

  • Taurin (Höchstgehalt 4.000 mg/l),
  • Natrium,
  • Guarana,
  • L-Carnitin,
  • Vitamine und

Energydrinks bestehen also aus einem bunten Mix, der wach und leistungsstark machen soll. Dass das Gegenteil der Fall sein kann, zeigen die folgenden Beispiele.

Genuss mit Flimmereffekt

Energydrinks aktivieren den Sympathikus, erhöhen den Blutdruck und steigern die Herzfrequenz. Der exzessive Konsum von Energydrinks ist mit möglichen schwerwiegenden Folgen wie Herzinfarkt, Herzstillstand und Tod assoziiert.2, 3 Mattioli et al. berichten von 3 jungen Männern zwischen 22 und 26 Jahren ohne Vorerkrankungen, die nach dem Konsum von Energydrinks eine Tachyarrhythmie durch Vorhofflimmern (VHF) entwickelten. Sie hatten 80–125 mg Koffein – teilweise zusammen mit Alkohol – aufgenommen.4 Hanif et al. berichten Ähnliches bei einem 22-Jährigen, der nach der Aufnahme von 111 mg Koffein und Taurin durch einen Energydrink unter Vorhofflimmern litt.5 Bei allen 4 jungen Männern verschwanden die Beschwerden glücklicherweise spontan wieder und die Nachuntersuchungen, die 2 Jahre lang durchgeführt wurden, waren jeweils unauffällig.4, 5

Unerwartete Wirkung

Studien zeigen, dass der Konsum von Energydrinks verschiedene gesundheitliche Auswirkungen haben kann. In einer Untersuchung an 11 gesunden Erwachsenen (24,5 ± 1,5 Jahre) verringerte sich die endothelabhängige Vasodilatation innerhalb kurzer Zeit nach dem Trinken von circa 700 ml Energydrink signifikant (Mittelwert ± Standardabweichung; Baseline 5,9 % ± 4,6 %; nach Konsum: 1,9 % ± 2,1 %; p = 0,03).2 Eine andere Studie mit 34 Teilnehmer:innen (22,1 ± 3,0 Jahre) ohne Vorerkrankungen zeigte, dass knapp ein Liter Energydrink im Vergleich zu Placebo das QT-Intervall verlängerte (Energydrink A: +17,9 ± 13,9 ms; Energydrink B: +19,6 ± 15,8 ms; Placebo: +11,9 ± 11,1 ms; p = 0,04 und < 0,01 vs. Placebo) und den Blutdruck erhöhte (p < 0,001).6

Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche: die EDUCATE-Studie

Der Konsum von Energydrinks kann auch auf gesunde Kinder und Jugendliche negative Auswirkungen haben, wie neuere Studien belegen.7, 8 So untersuchte die EDUCATE-Studie (Energy-Drinks: Unexplored Cardiovascular Alterations in TEens and TwEens), die am Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München durchgeführt wurde, die akuten Auswirkungen des Konsums von Energydrinks auf die Herz-Kreislauf-Funktion bei Kindern und Jugendlichen (Alter: 14,53 ± 2,40 Jahre). Sie kam zu folgenden Ergebnissen: Der Konsum von Energydrinks führte im Vergleich zum Konsum eines Placebogetränkes

  • zu einem signifikant höheren Blutdruck,
  • zu einer signifikant niedrigeren Herzfrequenz,
  • zu einer signifikant höheren arteriellen Gefäßsteifigkeit und
  • zu signifikant häufigeren supraventrikulären Extrasystolen.8

Außerdem wird der Fall einer 16-Jährigen beschrieben, bei der nach dem Konsum großer Mengen an Energydrinks ein therapierefraktäres Kammerflimmern auftrat. Die Patientin hatte eine abgeheilte Myokarditis, was als prädisponierender Faktor für das Kammerflimmern gewertet wurde.8

Diese Ergebnisse verdeutlichen die potenziellen Gefahren des Konsums von Energydrinks für das Herz-Kreislauf-System bei Kindern und Jugendlichen, insbesondere im Hinblick auf das Risiko für Vorhofflimmern und andere Arrhythmien.

Koffein ist nicht gleich Koffein

In allen Fallbeispielen und Studien war die durch die Energydrinks konsumierte Koffeinmenge nicht unverhältnismäßig hoch, vergleicht man sie mit einer Tasse Kaffee (50–100 mg) oder mit der von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) empfohlenen Tageshöchstdosis für Koffein von 400 mg.1, 9 Wahrscheinlich verstärkt vielmehr die Mischung der Inhaltsstoffe in den Energydrinks deren schädliche Wirkung. Häufig werden die Drinks zudem in höheren Mengen und in kürzerer Zeit konsumiert als Kaffee, oft zusammen mit Alkohol oder Tabak, was ihren Effekt noch intensivieren kann. Zudem können körperliche oder psychische Belastungen die negativen Auswirkungen fördern.2-4, 8

Gibt es eine verträgliche Höchstmenge?

Für gesunde Erwachsene ist ein geringer Konsum von Energydrinks vermutlich unproblematisch (z. B. eine Dose/Tag). Vor allem beim gleichzeitigen Konsum von Alkohol oder Tabak oder beim Sport ist jedoch Vorsicht geboten. Kinder, Jugendliche, Schwangere und Erwachsene mit kardiovaskulären Vorerkrankungen (z. B. Long-QT-Syndrom, Bluthochdruck) sollten generell auf Energydrinks verzichten.2, 4, 6

Gesetzeslage schützt bisher kaum

Bisher fehlen zu den Auswirkungen des längerfristigen Konsums von Energydrinks noch aussagekräftige Studien.6 Bis mehr über ihre Wirkungen bekannt ist, könnten Hinweise auf den Verpackungen vor einem übermäßigen Konsum, der gleichzeitigen Aufnahme von Alkohol oder Nikotin oder möglichen Gesundheitsrisiken bei gleichzeitiger körperlicher und psychischer Belastung warnen. Seit 2014 müssen Getränke mit einem Koffeingehalt von mehr als 150 mg/l laut Lebens­mittel­informations­verordnung einen Hinweis tragen. Ein Verkaufsverbot von Energydrinks für Kinder und Jugendliche, wie es von den Verbraucherzentralen gefordert wird, würde zusätzlich vor unerwünschten Folgen schützen. Bisher ist der Kauf der süßen Muntermacher in Deutschland allerdings ohne Altersbeschränkung erlaubt.


Quellen:

  1. Verbraucherzentrale. Energy Drinks: Gesundheitsrisiko für Vieltrinker; unter: https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/lebensmittel/gesund-ernaehren/energy-drinks-gesundheitsrisiko-fuer-vieltrinker-11212 (abgerufen am 24.03.2025).
  2. Higgins JP et al. Consumption of energy beverage is associated with attenuation of arterial endothelial flow-mediated dilatation. World J Cardiol 2017;9:162–166.
  3. Somers KR, Svatikova A. Cardiovascular and Autonomic Responses to Energy Drinks-Clinical Implications. J Clin Med 2020;9(2):431.
  4. Mattioli AV et al. Energy drink overconsumption can trigger atrial fibrillation. J Cardiovasc Med (Hagerstown) 2016;17:902–904.
  5. Hanif M et al. Energy Drinks and Atrial Fibrillation: An Unusual Case of Caution. Cureus 2020;12:e10807.
  6. Shah SA et al. Impact of High Volume Energy Drink Consumption on Electrocardiographic and Blood Pressure Parameters: A Randomized Trial. J Am Heart Assoc 2019;8:e011318.
  7. Mandilaras G et al. Energy Drinks and Their Acute Effects on Heart Rhythm and Electrocardiographic Time Intervals in Healthy Children and Teenagers: A Randomized Trial. Cells 2022;11(3):498.
  8. Oberhoffer FS et al. Energydrinks und ihre Auswirkungen auf die Herz-Kreislauf-Funktion bei Kindern und Jugendlichen. Monatsschrift Kinderheilkunde 2023.
  9. Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA). EFSA erklärt Risikobewertung: Koffein; unter: https://www.efsa.europa.eu/de/corporate/pub/efsaexplainscaffeine150527 (abgerufen am 24.03.2025).

Bildnachweis: Stockah/iStock-1423935446

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