Mangelnde Motivation? Strategien zur Adhärenzförderung bei Patient:innen mit Dauermedikation

Veröffentlicht am: 13.03.2025

Eine Senkung des LDL-C erfordert mehr als nur die richtige Medikation: Therapietreue ist entscheidend für den Erfolg im Lipidmanagement. Doch viele Patient:innen nehmen ihre Medikation nicht wie verordnet ein. Welche Strategien verbessern die Adhärenz und sichern den langfristigen Therapieerfolg?

Adhärenz als Schlüssel zum Therapieerfolg

Der Erfolg einer Behandlung hängt nicht nur von der Wirksamkeit der Medikation ab, sondern auch von der zuverlässigen Umsetzung ärztlicher Empfehlungen. Studien zeigen, dass viele Patient:innen, insbesondere mit chronischen Erkrankungen, Medikamente nicht regelmäßig oder wie verordnet einnehmen.¹ Dies führt zu suboptimalen Behandlungsergebnissen, einer erhöhten Morbidität und vermeidbaren Gesundheitskosten.

Non-Adhärenz ist nicht unbedingt ein Zeichen von Nachlässigkeit, sondern eher Ausdruck alltagsbedingter Herausforderungen. Sorgen über Nebenwirkungen, komplexe Dosierungen oder kognitive Einschränkungen erschweren die Therapietreue. Fehlt zusätzlich die Unterstützung durch Angehörige oder Pflegekräfte, steigt das Risiko einer inkonsistenten Einnahme weiter.2

Die Ursachen der Non-Adhärenz

Die Gründe für eine unzureichende Therapietreue sind ebenso vielfältig wie individuell. Häufig fehlt Patient:innen das Bewusstsein für den langfristigen Nutzen einer Behandlung – insbesondere bei Erkrankungen, die keine unmittelbaren Beschwerden verursachen, wie Hypertonie oder Dyslipidämie. Ohne spürbare Symptome bleibt die Dringlichkeit der Therapie abstrakt, was die Motivation zur regelmäßigen Medikamenteneinnahme schwächen kann. Darüber hinaus können komplexe Medikationspläne, strikte Einnahmevorgaben und psychische Belastungen wie Depression, Überforderung oder soziale Isolation die Therapietreue zusätzlich mindern.3

Zudem begünstigen strukturelle Gegebenheiten im Gesundheitssystem die Non-Adhärenz. Fehlende Kontinuität in der medizinischen Betreuung, kurze Konsultationszeiten und mangelnde Nachsorge machen es schwierig, langfristige Verhaltensänderungen zu etablieren.4

Kommunikation als therapeutisches Instrument

Angesichts dieser vielfältigen Herausforderungen stellt sich die Frage, wie sich die Therapietreue nachhaltig verbessern lässt. Ein zentraler Hebel dabei ist die Art und Weise der Kommunikation. Sie fördert nicht nur das Verständnis für die Therapie, sondern stärkt auch das Vertrauen und die Motivation, die Medikation einzunehmen. Studien zeigen, dass Patient:innen, die sich ernst genommen fühlen und in Entscheidungen einbezogen werden, eine deutlich höhere Adhärenz aufweisen.5

Eine dialogorientierte Gesprächsführung hilft, individuelle Herausforderungen frühzeitig zu erkennen und gemeinsam Lösungen zu entwickeln. Offene Fragen ermöglichen es, Barrieren aufzudecken, während eine verständliche, alltagsnahe Sprache sicherstellt, dass medizinische Inhalte klar vermittelt werden. Komplexe Fachbegriffe sollten durch anschauliche Erklärungen ersetzt oder durch visuelle Hilfsmittel ergänzt werden, um die Relevanz der Therapie greifbarer zu machen.6 Besonders bei lebenslangen Therapien – wie beispielsweise der LDL-C-Senkung – ist es wichtig, Patient:innen einfühlsam zu vermitteln, warum eine kontinuierliche Medikamenteneinnahme essenziell ist. Anschauliche Erklärungen, etwa zur Atherogenese und Plaque-Stabilisierung, erleichtern hierbei das Verständnis für die pathophysiologischen Prozesse und können die Therapieakzeptanz erhöhen.

Entscheidend ist, dass Patient:innen nicht nur informiert, sondern auch motiviert und in ihrer Selbstverantwortung gestärkt werden. Ein empathischer Ton, aktives Zuhören und das Ernstnehmen von Sorgen und Bedenken schaffen die Grundlage für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit – und damit für eine nachhaltige Therapieumsetzung.

Verhaltensänderung als Prozess

Doch selbst die beste Therapie bleibt wirkungslos, wenn die Patient:innen nicht überzeugt sind, sie umzusetzen. Patient:innen zu ermutigen, eigene Beweggründe für die Behandlung zu finden, zählt deshalb zu den wichtigsten Aufgaben der Therapiebegleitung. Als besonders wirksam hat sich dabei das Motivational Interviewing erwiesen.7 Es basiert auf der Annahme, dass nachhaltige Verhaltensänderungen durch intrinsische Motivation entstehen und verfolgt vier zentrale Prinzipien: Empathie ausdrücken, Diskrepanzen aufzeigen, Widerstand umleiten und Selbstwirksamkeit stärken.

Durch gezielte Gesprächstechniken wie das Spiegeln von Aussagen („Sie sind sich unsicher, ob die langfristige Einnahme des Medikaments wirklich notwendig ist?“), das Herausarbeiten von Ambivalenzen („Einerseits möchten Sie Ihr Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse senken, andererseits fällt es Ihnen schwer, eine tägliche Medikamenteneinnahme in den Alltag zu integrieren.“) sowie das Bestärken der Veränderungsbereitschaft („Was wäre für Sie eine realistische Möglichkeit, die Einnahme regelmäßig in Ihre Routine einzubauen?“) werden tiefere Reflexionsprozesse angeregt.

Besonders bei chronischen Erkrankungen kann dieser Ansatz sehr effektiv sein: Denn, wer die Therapie nicht als auferlegte Pflicht, sondern als bewusste Entscheidung für die eigene Gesundheit begreift, wird sie langfristig konsequenter umsetzen.

Weniger ist oft mehr: Vereinfachung der Therapie

Trotz bester Absichten bleibt eine Therapie aber nur dann langfristig erfolgreich, wenn sie sich ohne große Hürden in den Alltag integrieren lässt. Komplexe Medikationspläne mit mehrfach täglichen Einnahmezeiten oder unterschiedlichen Dosierungsanweisungen stellen für viele Patient:innen eine Herausforderung dar – selbst dann, wenn die Motivation grundsätzlich vorhanden ist. Studien zeigen, dass eine Vereinfachung der Therapie die Adhärenz signifikant verbessert und damit zu besseren klinischen Ergebnissen führt.8

Ein zentraler Ansatz ist hierbei die Reduktion der Tablettenanzahl und die Einführung fester Einnahmeschemata. In der lipidsenkenden Therapie steht beispielsweise eine Fix-Dosis-Kombination aus ACL-Hemmer und Cholesterinresorptionshemmer zur Verfügung, die mehrere Wirkstoffe in einer einzigen Tablette kombiniert und so die Handhabung wesentlich vereinfacht. Für Patient:innen bedeutet das: weniger Unsicherheiten, geringerer Aufwand – und eine bessere Chance, die LDL-C-Werte effektiv zu kontrollieren.

Soziale Unterstützung

Trotz aller individuellen Bemühungen gibt es Aspekte der Adhärenz, die sich allein kaum bewältigen lassen. Das soziale Umfeld spielt eine entscheidende Rolle, insbesondere bei älteren Patient:innen oder solchen mit eingeschränkter Selbstständigkeit. Angehörige können nicht nur praktische Hilfe leisten, sondern auch emotionale Unterstützung bieten und als Motivationsquelle fungieren.9

Doch Unterstützung muss nicht immer aus dem direkten Umfeld kommen: Studien zeigen, dass beispielsweise Peer-Support-Programme den Austausch mit anderen Betroffenen fördern, wodurch der Umgang mit einer chronischen Erkrankung erleichtert und die Therapietreue verbessert werden kann.

Langfristigen Erfolg sichern mit regelmäßigem Feedback und Flexibilität

Therapietreue ist kein einmaliger Entschluss, sondern ein fortlaufender Prozess – beeinflusst durch den Alltag, persönliche Herausforderungen und die individuelle Wahrnehmung der Erkrankung. Damit Adhärenz nicht dem Zufall überlassen wird, braucht es ein Zusammenspiel aus klarer Kommunikation, praxisnaher Therapiegestaltung, sozialer Unterstützung und kontinuierlicher Anpassung. Regelmäßige Nachsorgetermine spielen dabei eine zentrale Rolle – nicht nur zur medizinischen Kontrolle, sondern auch, um individuelle Herausforderungen frühzeitig zu erkennen und gemeinsam Lösungen zu finden.10

Wenn alle diese Elemente harmonisch ineinandergreifen, wird aus einer einmal begonnenen Therapie ein langfristig erfolgreicher Behandlungsweg.

Adhärenz steigern – Wichtige Praxis-Impulse

  • Kommunikation zählt – Offene, empathische Gespräche fördern Vertrauen und steigern die Therapietreue.
  • Therapie vereinfachen – Feste Einnahmeschemata und Fixkombinationen erleichtern die Medikamentenroutine.
  • Alltag der Patient:innen einbeziehen – Flexible Lösungen finden, die zur Lebensrealität passen. Soziale Unterstützung durch Angehörige oder digitale Tools nutzen.
  • Regelmäßiges Feedback geben – Kleine Erfolge sichtbar machen, motiviert nachhaltig.

Literatur:

  1. Fernandez-Lázaro CI et al. BMC Fam Pract 2019; 20(1):132
  2. Kumaraswamy M et al. Int J Pharm Sci Rev Res 2022; 75(2):17-26
  3. Tsvetkova A et al. Scr Sci Pharm 2020; 7(2):18-24
  4. Jüngst et al. QJM 2019; 112(7):505-12
  5. Chen Y et al. JAN 2023; 80(1):11-21
  6. Al-Noumani H et al. Clin Nurs Res 2022; 31(3):426-34
  7. Ramesh K et al. Int J Health Sci Res 2020; 10:130-8
  8. Kvarnström et al. Pharmaceutics 2021; 13(7):1100
  9. Aktuelle Fachinformation Nustendi®
  10. Basnet R et al. JKAHS 2021; 4(3):1-22
  11. Touchette D, Shapiro N. J Manag Care Pharm 2008; 14(6):2-10

 

Bildnachweis: microgen/iStock-1333456594

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