Das Dosisregime kann den Unterschied machen

Veröffentlicht am: 23.08.2023

Deutsche VHF-Patient:innen und sind deutlich therapietreuer, wenn sie ihre NOAKs nur 1-mal täglich einnehmen müssen. Das ist ein Ergebnis einer Studie zur Adhärenz und Persistenz bei oraler Antikoagulation. Lesen Sie hier mehr dazu.

Therapietreue im internationalen Vergleich

Werden Deutschland, die Niederlande und Italien in einem Atemzug genannt, schlagen die Herzen von Fußballfans höher. „Am Ball bleiben" taugt jedoch auch als Stichwort für eine Beobachtungsstudie von Smits et al. aus dem Jahr 2022 zur Therapietreue von Patient:innen mit nicht-valvulärem Vorhofflimmern (nvVHF). In einer Analyse nationaler Datenbanken verglichen sie die Adhärenz und Persistenz von deutschen, niederländischen und italienischen VHF-Patient:innen bei der Anwendung von Nicht-VKA oralen Antikoagulanzien (NOAKs).1

Hier erfahren Sie, ob die Häufigkeit der Medikamenteneinnahme unter Real-World-Bedingungen mit einem signifikanten Unterschied hinsichtlich der Therapietreue assoziiert ist und worin sich Deutschland überraschend deutlich von den Niederlanden und Italien unterscheidet.1

Kurz und knapp: Was sagen die anderen Studien?

Die bisherige Studienlage scheint eine klare Richtung vorzugeben: So zeigte ein systematischer Literaturreview von Amara et al. im Jahr 2016, der die Medikationsadhärenz bei verschiedenen Erkrankungen untersuchte, dass die Adhärenzdaten bei einer 1-mal täglichen Dosierung höher waren als bei Mehrfachdosierungen.

Die Präferenz von nvVHF-Patient:innen in 5 europäischen Ländern spricht laut den Autor:innen ebenfalls eine deutliche Sprache: 80,7 % der Befragten favorisierten die 1-mal tägliche Einnahme eines Antikoagulans im Vergleich zu 7,6 %, die eine 2-mal tägliche Einnahme bevorzugten.7

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Nationale Datenschätze aus dem Praxisalltag

Für diese retrospektive Beobachtungsstudie wurden Einträge aus Datenbanken in Deutschland (German Pharmacoepidemiological Research Database [GePaRD]), den Niederlanden (PHARMO Database Network) und Italien (Agenzia Regionale di Sanità della Toscana Database [ARS]) analysiert. Eingeschlossen wurden Daten aus den Jahren 2011–2018. Die Teilnehmenden mussten die folgenden Aufnahmekriterien erfüllen:1

  • Mindestalter 18 Jahre
  • Speicherung der Daten seit ≥ 1 Jahr in der Datenbank vor der ersten NOAK-Gabe (Indexdatum)
  • keine NOAK-Therapie in der Vorgeschichte (≥ 1 Jahr vor Indexdatum, keine Therapie mit mehreren NOAKs am Indexdatum, keine Behandlung mit Vitamin-K-Antagonisten [VKAs] am Indexdatum)
  • ≥ 1 Jahr Follow-up nach dem Indexdatum
  • Diagnose von nvVHF vor dem Indexdatum

Im Fokus der Autor:innen standen die zugelassenen NOAKs mit 1-mal täglichen (QD) und 2-mal täglichen (BID) Dosisregimen. Die Klassifizierung als QD- oder BID-Dosisregime basierte bei der PHARMO- Datenbank auf den hinterlegten Informationen zur Verschreibung und bei der GePaRD- und der ARS-Datenbank auf den Indexmedikamenten, da Informationen zur Verschreibung hier nicht vorlagen.1

Insgesamt konnten Datensätze von über 200.000 Teilnehmenden ausgewertet werden. In den Niederlanden fanden sich 1.907 Personen (31 %) mit QD-Dosisregime vs. 4.161 Personen (69 %) mit BID-Dosisregime. In der italienischen Datenbank gab es 13.017 Personen mit QD- (40 %) und 19.243 Personen mit BID-Dosisregime (60 %). Und in Deutschland enthielt die Datenbank 102.422 Personen mit QD- (61 %) und 65.023 Personen mit BID- Dosisregime (39 %). Das Durchschnittsalter der Patient:innen betrug 70 Jahre in den Niederlanden, 77 Jahre in Italien und 74 Jahre in Deutschland.1

Unterschied in der Adhärenz – vor allem in Deutschland

Um die Unterschiede in der Adhärenz und Persistenz zu standardisieren, wurde die Einnahme der NOAKs in unterbrochene und ununterbrochene Behandlungsepisoden gegliedert. Eine Lücke zwischen den vorgegebenen Dosisintervallen galt erst als eine (vorübergehende) Unterbrechung der Therapie, wenn das Ausbleiben der Medikamenteneinnahme länger anhielt als die halbe Zeitspanne des vorherigen ununterbrochenen Therapieverlaufs (mit einem Minimum von 7 Tagen).1

Nach dieser Methode wurde die Adhärenz dann als prozentualer Anteil der Tage definiert, an denen das jeweilige Medikament innerhalb des Indexdosisregimes (Therapiewechsel war erlaubt) in den vorgegebenen Abständen eingenommen wurde (proportion of days covered, PDC). Je nach Datenbank konnte die Adhärenz von 86 % bis 97 % der Teilnehmenden ausgewertet werden. Der Vergleich des Anteils adhärenter Patient:innen (definiert als PDC ≥ 0,8) in den 3 untersuchten Staaten kam zu folgenden Ergebnissen:1

  • Niederlande: Ganze 93 % der Teilnehmenden mit QD-Dosisregime (1.667) verhielten sich während der Therapie adhärent vs. 90 % der Menschen der BID-Dosisregimegruppe (3.540). Der Unterschied zwischen den beiden Dosisintervalloptionen war zwar signifikant, aber dennoch gering (p < 0,0001).
  • Italien: 88 % der Teilnehmenden mit QD-Dosisregime (11.421) verhielten sich adhärent vs. 86 % der Teilnehmenden mit BID-Dosisregime (16.566). Auch hier gab es signifikante, aber nur geringe Unterschiede bei der 1-mal täglichen Einnahme im Vergleich zur 2-mal täglichen Einnahme von NOAKs (p < 0,0001).
  • Deutschland: 77 % der QD-Regimegruppe (68.331) verhielten sich während des Therapieverlaufs adhärent vs. 58 % der Teilnehmenden mit BID-Regime (33.932). Hier zeigte sich ein signifikanter und deutlicher Unterschied zwischen dem QD- und dem BID-Dosisregime (p < 0,0001).

Unterschiede in der Persistenz – nur in Deutschland

Die Persistenz wurde von den Autor:innen als Zeit bis zur ersten Unterbrechung des Behandlungsregimes ab dem Indexdatum definiert. Nach dieser Methode wird die Persistenz nicht erst durch einen dauerhaften Therapieabbruch beendet, vielmehr reicht schon eine vorübergehende Unterbrechung, um in den Daten erfasst zu werden. Die Auswertung der Daten nach 3 bzw. 12 Monaten Therapiedauer kam zu folgenden Ergebnissen:1

  • Niederlande: 3 Monate nach der ersten Medikamenteneinnahme wurde die Behandlung noch von 84 % der Personen mit QD-Regime (1.606) und von 83 % der Personen mit BID-Regime (3.466) ununterbrochen fortgesetzt (p = 0,3697). Nach 12 Monaten fiel die Persistenzrate auf 60 % (1.151) bzw. 59 % (2.444) (p = 0,233).
  • Italien: In den ersten 3 Monaten wurde die Therapie hier deutlich seltener aufrechterhalten als in den Niederlanden: Die Persistenzrate betrug 45 % bei Personen mit QD-Regime (5.836) und 43 % bei Personen mit BID-Regime (8.242) (p = 0,0004). Nach 12 Monaten wiesen nur noch 13 % der Teilnehmenden mit einem QD-Dosisregime (1.752) und 14 % der Teilnehmenden in der BID-Dosisregimegruppe (2.736) eine ununterbrochene Therapie auf (p = 0,0533).
  • Deutschland: Nach 3 Monaten konnten bereits deutlich signifikante Unterschiede nachgewiesen werden: Die Persistenzrate lag bei Personen mit QD-Dosisregime bei 78 % (80.320) und bei Personen mit BID-Dosisregime bei 56 % (36.593) (p < 0,0001). Dieser Trend setzte sich bis 12 Monate nach Therapiebeginn fort: Die Persistenzrate betrug dann 46 % bei Personen mit QD-Dosisregime (47.248) und 31 % bei Personen mit BID-Dosisregime (20.177) (p < 0,0001).

Fazit

Smits et al. stufen die Adhärenz in Italien, den Niederlanden und Deutschland unabhängig vom Dosisregime als hoch ein. Nur in Deutschland habe sich ein deutlich signifikanter Unterschied zwischen der 1-mal täglichen und der 2-mal täglichen Medikamenteneinnahme gezeigt. Die Daten aus Italien und den Niederlanden hätten hingegen nur geringe Differenzen aufgewiesen. Demgegenüber stehe eine niedrige Persistenz in allen 3 Staaten, auch wenn die Therapieunterbrechung meist temporär gewesen sei. Dabei sei die Persistenz nur in Deutschland unter einem BID-Dosisregime deutlich geringer gewesen als in den QD-Dosisregimegruppen.1

Die Analysen zeigen laut den Autor:innen, dass eine Therapie mit der 1-mal täglichen Medikamenteneinnahme die Adhärenz von VHF-Patient:innen unterstützen kann – vor allem in Deutschland. Dies sei insbesondere für ältere Menschen und für Patient:innen mit Komorbiditäten, einer umfangreichen Medikation oder einem hohen CHA2DS2-VASc-Score von Vorteil.1 Hier kann Edoxaban mit einem 1-mal täglichen Dosisregime, bei dem die Einnahme unabhängig von den Mahlzeiten erfolgen kann, mit einem geringen Interaktionspotenzial und mit einem überzeugenden Sicherheitsprofil punkten.6

 

Quellen:

1. Smits E et al. Adherence and Persistence with Once-Daily vs Twice-Daily Direct Oral Anticoagulants Among Patients with Atrial Fibrillation: Real-World Analyses from the Netherlands, Italy and Germany. Drugs Real World Outcomes 2022; 9: 199–209.
6. Durschmied D, Bode C. [Interdisciplinary aspects of oral anticoagulation with NOACs in atrial fibrillation]. Dtsch Med Wochenschr 2021;146:S1.
7. Amara W, Antoniou S. Benefits of once-daily dosing with non-vitamin K antagonist oral anticoagulants in patients with atrial fibrillation. Eur Heart J Suppl 2016;18:D1–D6.

Bildquelle: iStock-ID: 895888728; Urheber: alexkich

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