Praxis und Familie vereinbaren:
5 Tipps wie der Spagat besser gelingen kann

Veröffentlicht am: 05.01.2023

Kind oder Karriere? Oder beides? Gerade für Ärztinnen und Ärzte ist es oft  keine leichte Aufgabe, das Privatleben mit dem fordernden Berufsalltag in Einklang zu bringen. Lesen Sie hier 5 Tipps und Anregungen, wie sich Praxis und Familie besser vereinbaren lassen.

Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie wird ein immer wichtigeres Thema, auch und gerade in der Medizin. Man möchte für seine Patientinnen und Patienten da sein, gleichzeitig aber auch Zeit für die Kinder, den Partner oder die Partnerin oder die Eltern haben. Für Ärztinnen und Ärzte, die sich niederlassen möchten, stellt sich daher die Frage, wie sich die Anforderungen einer Praxis, zu denen Bereitschaftsdienste, spontane Hausbesuche und eine hohe zeitliche Verfügbarkeit zählen, mit der Erziehung von Kindern oder der Pflege von Angehörigen erfolgreich vereinbaren lassen. Im Folgenden finden Sie einige Anregungen, welche Arbeitsmodelle und möglichen Entlastungen es gibt.

1. Die passende Niederlassungsform finden

Niederlassungsmodelle sind vielfältiger geworden und ermöglichen mehr Flexibilität als früher. Seit 2007 ist beispielsweise eine Teilzulassung möglich, das heißt der Versorgungsauftrag kann auf die Hälfte reduziert werden. Im Gegensatz zur Vollzulassung, bei der 25 Sprechstunden wöchentlich geleistet werden müssen, sind es dann nur noch 12,5.1 Außerdem sind Modelle mit sogenanntem „Jobsharing“ möglich, bei denen sich 2 Ärztinnen oder Ärzte derselben Fachrichtung einen Arztsitz teilen.2 Damit bleibt mehr Zeit für die Familie, z. B. solange die Kinder noch klein sind.

Grundsätzlich gibt es folgende 4 Möglichkeiten der vertragsärztlichen Tätigkeit:3

  • Vollzulassung in Einzelpraxis, Gemeinschaftspraxis oder Praxisgemeinschaft
  • Zulassung mit halbem Versorgungsauftrag
  • Zulassung mit Leistungsbeschränkung („Jobsharing“)
  • Anstellung in einer Praxis oder einem medizinischen Versorgungszentrum

2. Selbstständig oder angestellt – beides hat Vorteile

Die Arbeit in der eigenen Praxis bietet trotz oft hohen Arbeitsaufwands auch einige Vorteile in Bezug auf die Vereinbarkeit mit der Familie. So kann das Zeitmanagement an die aktuelle Lebensphase angepasst werden, Sprechzeiten können individuell festgelegt werden. Dringende Fälle lassen sich auch hier nicht verschieben, aber zumindest der administrative Teil der Arbeit kann möglicherweise im Homeoffice erledigt werden.

Alternativen zur Einzelpraxis sind Praxisgemeinschaften, Gemeinschaftspraxen oder medizinische Versorgungszentren. Diese bieten oftmals interessante Modelle für Eltern. Da mehr Mitarbeitende vor Ort sind, können Vertretungen und Dienste flexibler organisiert und getauscht werden. Während die Selbstständigkeit viel Flexibilität ermöglicht, bietet eine Anstellung, die immer häufiger auch in Teilzeit angeboten wird, ein höheres Maß an Sicherheit. Außerdem gelten hier alle gesetzlichen Regelungen zu Mutterschutz, Elternzeit und Elterngeld. Für Selbstständige sind die Regelungen zum Elterngeld etwas komplizierter – es lohnt sich deshalb, sich frühzeitig zu informieren, z. B. bei der zuständigen Elterngeldstelle oder beim Steuerberater.

3. Befreiung vom ärztlichen Bereitschaftsdienst

Für Vertragsärztinnen und -ärzte besteht die Pflicht zum ärztlichen Bereitschaftsdienst. Dieser ist regional unterschiedlich geregelt und lässt sich oft nur schwer mit einem ungestörten Privatleben vereinbaren. Ärztinnen sind ab Beginn der Schwangerschaft davon befreit. Darüber hinaus kann für bis zu 36 Monate nach der Geburt die Versorgung eines Kindes für eine Befreiung berücksichtigt werden – das gilt für beide Elternteile.4 Sie können sich bei der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung (KV) über die genauen Regelungen hierzu informieren.

4. Entlastungsmöglichkeiten nutzen

Alle niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte können für 3 Monate pro Jahr eine Vertretung genehmigungsfrei beschäftigen. Ärztinnen können sich seit 2012 außerdem bei der Geburt eines Kindes bis zu einem Jahr in der Praxis vertreten lassen.1, 5 Darüber hinaus gibt es für Niedergelassene auch die Möglichkeit, für bis zu 36 Monate eine sogenannte Entlastungsassistenz zu beschäftigen, die einen Teil der Aufgaben in der Praxis übernimmt. Das verschafft Ärztinnen und Ärzten Freiräume für die Zeit der Kindererziehung oder auch für die Pflege von Angehörigen. Eine Vertretung oder Entlastungsassistenz muss über dieselben Facharztkenntnisse verfügen, wie die zu vertretende Ärztin oder der zu vertretende Arzt, um eine lückenlose Versorgung zu gewährleisten.1, 5 Die genauen Regelungen, wann eine Entlastungsassistenz genehmigt wird, unterscheiden sich bei den KVen – sprechen Sie am besten die Beraterinnen und Berater der jeweilig zuständigen KV an.

5. Kinderbetreuungsangebote

In einer aktuellen Umfrage der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e. V. (DGHO) unter ihren Mitgliedern zu karriereförderlichen und karrierehinderlichen Bedingungen, wurden die Betreuungsangebote für Kinder als ausbaufähig genannt und eine Erweiterung entsprechender Angebote gewünscht.6 Gerade auch Fortbildungsveranstaltungen, die für Ärztinnen und Ärzte verpflichtend sind, stellen viele Eltern hinsichtlich der Kinderbetreuung vor Herausforderungen. Inzwischen gibt es aber während solcher Fortbildungsveranstaltungen immer öfter Betreuungsangebote speziell für die Kinder von Ärztinnen und Ärzten. Es lohnt sich daher vielleicht, sich im Vorfeld über derartige Angebote zu informieren und Fortbildungen, wenn möglich, nach diesem Aspekt auszuwählen. Seit der COVID-19-Pandemie sind außerdem vermehrt virtuelle Formate verfügbar – so kann die Fortbildung bequem von zuhause aus absolviert werden. Online-CME-Fortbildungen finden Sie zum Beispiel auf www.springermedizin.de oder auf www.cme-kurs.de.

Die richtige Balance zwischen Familie und Beruf zu finden, bleibt eine Herausforderung. Mit guter Planung und dem Nutzen von Entlastungsmöglichkeiten kann der Alltag aber zumindest etwas stressfreier gestaltet werden, sodass am Ende keiner zu kurz kommt – weder Sie als Arzt beziehungsweise Ärztin noch Ihre Kinder oder Angehörigen noch Ihre Patientinnen und Patienten.


Quellen:

  1. Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV), Stand 2021; unter: https://www.gesetze-im-internet.de/zo-_rzte/BJNR005720957.html (abgerufen am 17.11.2022).
  2. Kassenärztliche Bundesvereinigung. Kooperationen – Jobsharing; unter: https://www.kbv.de/html/14352.php (abgerufen am 17.11.2022).
  3. Kassenärztliche Bundesvereinigung. Optionen und Kooperationsformen; unter: https://www.kbv.de/html/14347.php (abgerufen am 17.11.2022).
  4. Kassenärztliche Bundesvereinigung. Praxis und Familie? Passt zusammen; unter: https://www.lass-dich-nieder.de/berufsalltag/work-life-balance/praxis-und-familie-passt-zusammen.html (abgerufen am 17.11.2022).
  5. Kassenärztliche Bundesvereinigung. Helfende Hände: Entlastung bei der eigenen Praxis; unter: https://www.lass-dich-nieder.de/berufsalltag/praxisorganisation/helfende-haende-entlastung-bei-der-eigenen-praxis.html (abgerufen am 17.11.2022).
  6. Sicking M. Vereinbarkeit von Beruf und Familie bremst Karriere von Ärztinnen (2022); unter https://www.arzt-wirtschaft.de/themenspezial-klinikaerzte/vereinbarkeit-von-beruf-und-familie-bremst-karriere-von-aerztinnen/ (abgerufen am 17.11.2022).

Bildquelle: iStock-ID: 1026960934; Urheber: tomertu

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