Zwischen Leber und Milz … passt immer auch ein NOAK?

Veröffentlicht am: 24.06.2023

Haben VHF-Patientinnen und -Patienten, die mit NOAKs behandelt werden, ein erhöhtes Risiko für Leberfunktionsstörungen? Dieser Frage sind Forschende aus China nachgegangen und haben die Daten von mehr als 500.000 Betroffenen ausgewertet. Das sind die Ergebnisse.

Was wurde untersucht?

Die Arbeit von Gu et al. fasst die Daten von 5 randomisierten kontrollierten Studien (RCTs) und 4 Real-World-Studien zusammen, in denen über Leberschäden bei Betroffenen mit nicht-valvulärem Vorhofflimmern (nvVHF) berichtet wurde.

Insgesamt wurden Daten von 559.873 nvVHF-Patientinnen und -Patienten ausgewertet, die entweder mit Nicht-VKA oralen Antikoagulanzien (NOAKs) oder mit Vitamin-K-Antagonisten (VKAs) behandelt worden waren.1 Die primären Endpunkte waren die Neudiagnose einer Leberschädigung oder das Auftreten abnormer Leberenzymwerte.1

Folgende Methoden wurden angewendet:1

  • Random-Effects-Modell: vergleichende Bestimmung der relativen Risiken (RRs) und der adjustierten Hazard Ratios (aHRs) für NOAKs und VKAs, getrennt für RCTs und Real-World-Studien

  • Disproportionalitätsanalyse: Extraktion von Berichten über Leberschäden im Zusammenhang mit NOAKs aus der FAERS-Datenbank (FAERS = Food and Drug Administration Adverse Event Reporting System) und Berechnung von Reporting Odds Ratios (RORs) zur Identifizierung der statistischen Assoziationen zwischen NOAKs und einer hepatischen Beeinträchtigung

Belasten NOAKs die Leber?

Die Frage, ob NOAKs bei Menschen mit nvVHF das Risiko für Leberschäden erhöhen, beantworten die Autorinnen und Autoren mit einem klaren „wahrscheinlich nicht“. Im Random-Effects-Modell konnte kein Unterschied zwischen NOAKs und VKAs im Hinblick auf das Risiko für eine Leberschädigung festgestellt werden:1

  • Die Analyse der RCTs zeigte kein erhöhtes Risiko bei der Verwendung von NOAKs im Vergleich zu VKAs für die Diagnose einer Leberschädigung (RR: 0,96, 95%-Konfidenzintervall [KI]: 0,73–1,28) oder für abnorme Leberenzymwerte (RR: 0,91, 95%-KI: 0,69–1,19).

  • Auch die zusammengefassten Ergebnisse der Real-World-Studien zeigten für NOAKs ein ähnliches Risiko für die Diagnose einer Leberschädigung (aHR: 0,88, 95%-KI: 0,72–1,09) oder für abnorme Leberenzymwerte (aHR: 0,91, 95%-KI: 0,82–1,00) wie für VKAs.

Auch wenn die NOAK-Wirkstoffe separat analysiert wurden, hatte dies keinen signifikanten Einfluss auf die Ergebnisse.

Die Erkenntnisse aus der FAERS-Datenbank ergaben ebenfalls weder für die NOAK-Wirkstoffe noch für das VKA Warfarin Hinweise auf ein erhöhtes Risiko für eine Leberschädigung (ROR für NOAKs: 0,34, 95%–KI: 0,32–0,37 und ROR für VKAs: 0,37, 95%-KI: 0,31–0,46). Eine angeschlossene Szenarienanalyse, in der die Datenbank unter anderem nach dem gleichzeitigen Auftreten von Begriffen wie „Blutungen“ und „hepatische Beeinträchtigung“ gefiltert wurde, bestätigte die Ergebnisse und zeigte keine Auffälligkeiten.1

Kenn dein Limit!

Wie andere Untersuchungen hat auch diese Studie ihre Limitationen. Diese beruhen laut Gu et al. vor allem darauf, dass die eingeschlossenen RCTs ursprünglich gar nicht dazu konzipiert worden waren, Schlüsse über die Auswirkungen von NOAKs auf die Leberfunktion zu ziehen.1

Zudem wurde die Vergleichbarkeit der Studien dadurch erschwert, dass unterschiedliche Methoden zur Bereinigung von Störfaktoren in den Real-World-Studien eingesetzt wurden. Auch waren die Definitionen für das Vorliegen einer Leberschädigung und von abnormen Leberenzymwerten in den eingeschlossenen Studien nicht einheitlich.1

Wie war das jetzt mit dem Pils?

Die Übersichtsarbeit von Gu et al. zeigt, dass die Verwendung von NOAKs nach aktueller Datenlage nicht mit einem erhöhten Risiko für hepatische Beeinträchtigungen bei Menschen mit nvVHF verbunden ist.1 Weitere gut konzipierte RCTs sind allerdings erforderlich, um dieses Ergebnis zu bestätigen.1

Eine NOAK-Therapie schädigt die Leber also nicht. Trotzdem sollten nvVHF-Patientinnen und -Patienten bei dem Konsum von Alkohol besonders vorsichtig sein. Nicht wegen der Leber, sondern wegen des Herzens: Schon ein geringer bis moderater Alkoholkonsum gilt als Risikofaktor für die Entstehung und das Wiederauftreten von nvVHF.2, 3


Referenzen

  1. Gu ZC et al. Non-Vitamin K Antagonist Oral Anticoagulants (NOACs) do not Increase the Risk of Hepatic Impairment in Patients with Non-Valvular Atrial Fibrillation: Insights from Multi-Source Medical Data. Rev Cardiovasc Med 2022;23:98.
  2. Voskoboinik A et al. Alcohol Abstinence in Drinkers with Atrial Fibrillation. N Engl J Med 2020;382:20-28.
  3. Yang L et al. Risk of incident atrial fibrillation with low-to-moderate alcohol consumption is associated with gender, region, alcohol category: a systematic review and meta-analysis. Europace 2022;24:729-746.

Bildquelle: ©suteishi via iStock (Stock-ID::1047125038)

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